Während der Corona-Pandemie konnte der Medizinische Dienst Sachsen-Anhalt aus Gründen des Infektionsschutzes den Pflegebedarf überwiegend nur telefonisch ermitteln. Der aktuelle Bericht bestätigt nun erneut, dass auch das alternative Begutachtungsformat per Telefon als sehr positiv empfunden wird. 89,4 Prozent der Feedback-Gebenden sind mit der telefonischen Begutachtung absolut zufrieden. Damit liegt die Zufriedenheit hier unverändert hoch. Teilweise zufrieden sind 7,9 Prozent und 2,7 Prozent gaben an, unzufrieden zu sein. Insgesamt schneidet die telefonische Begutachtung annähernd so gut ab wie die persönliche Begutachtung im Hausbesuch, mit der 93,3 Prozent zufrieden sind, 4,5 Prozent teilweise zufrieden und 2,2 Prozent unzufrieden.
Grafik: Zufriedenheit mit telefonischer und persönlicher Begutachtung
In den Rückmeldungen zur telefonischen Begutachtung zeigte sich im Detail:
Mit den Informationen über die Pflegebegutachtung waren 89,1 Prozent zufrieden. Mit der Kontaktaufnahme und dem Eingehen auf die individuelle Situation waren 92,9 Prozent zufrieden. 91,6 Prozent waren mit der Gesprächsführung zufrieden, zu der auch das Einfühlungsvermögen und die Kompetenz der Gutachterinnen und Gutachter gehören.
Alternative Begutachtungsformen gesetzlich ermöglichen
„Die Möglichkeit zur telefonischen Pflegebegutachtung endete zum 30. Juni 2022. Angesichts der stetig steigenden Zahl an Anträgen zur Feststellung von Pflegebedarf und dem parallel bestehenden Fachkräftemangel sollte ein bedachter Einsatz von alternativen Begutachtungsformen wie strukturierten Telefoninterviews oder Videobegutachtungen als zeitgemäße Ergänzung zum Hausbesuch weiter möglich sein“, sagt Jens Hennicke, Vorstandsvorsitzender des Medizinischen Dienstes Sachsen-Anhalt. „Ein Hausbesuch ist immer auch eine belastende Ausnahmesituation, die nicht in jedem Fall zwingend notwendig ist. Bei einer Palliativversorgung oder bei fortgeschrittenen Krebserkrankungen kann der Pflegebedarf beispielsweise auch ohne einen persönlichen Besuch festgestellt werden. Das schützt die betroffenen Menschen vor Infektionen und ist gleichzeitig weniger aufreibend. Mit der Möglichkeit zur Wahl alternativer Begutachtungsformen ließe sich die im individuellen Fall passende Begutachtungsform wählen und trotz steigender Begutachtungszahlen weiterhin zeitnah ein Zugang zu den Pflegeleistungen ermöglichen.“
Begutachtungszahlen werden weiter steigen
Die Zahl der Begutachtungen ist bei den Medizinischen Diensten bundesweit in den vergangenen Jahren erheblich gestiegen – von 1,8 Mio. Begutachtungen in 2016 auf 2,6 Mio. im Jahr 2022. Aufgrund des demografischen Wandels ist in den kommenden Jahren mit weiter steigenden Zahlen zu rechnen. Sachsen-Anhalt ist davon besonders betroffen. Im Bundesvergleich hat die Bevölkerung in unserem Bundesland nur einen mäßigen Gesundheitszustand und das höchste Durchschnittsalter. Der Anteil der Menschen, die älter als 65 Jahre sind, ist bei uns am höchsten. Um die steigenden Begutachtungszahlen zeitgerecht bewältigen zu können und schnell einen Zugang zu den Leistungen zu ermöglichen, sind alternative Begutachtungsformen ein wichtiger Bestandteil.
Hohe Beteiligung an der Versichertenbefragung
Im Jahr 2022 wurden für die Versichertenbefragung des Medizinischen Dienstes Sachsen-Anhalt rund 2800 Fragebögen an die Versicherten versandt, für die telefonisch oder persönlich ein Pflegebedarf ermittelt wurde. Fast jeder zweite Fragebogen wurde von den Pflegebedürftigen oder ihren An- und Zugehörigen ausgefüllt an die unabhängige Auswertungsstelle geschickt. Die gute Resonanz zeigt das Interesse am Thema Pflegebegutachtung und die große Bereitschaft, Feedback zur Arbeit des Medizinischen Dienstes zu geben. Die Erkenntnisse aus der Befragung werden vom Medizinischen Dienst Sachsen-Anhalt genutzt, um Verbesserungsmaßnahmen (z. B. längere und bessere Erreichbarkeit) abzuleiten.
Die Ergebnisse der repräsentativen Versichertenbefragung zur Pflegebegutachtung 2022 finden Sie auf der Webseite des Medizinischen Dienstes Sachsen-Anhalt unter:
https://www.md-san.de/versicherte/pflegebegutachtung
Hintergrund:
Die Medizinischen Dienste begutachten Versicherte im Auftrag der Pflegekassen, wenn sie einen Antrag auf Leistungen der Pflegeversicherung gestellt haben. Während der Corona-Pandemie konnten die Begutachtungen aus Infektionsschutzgründen telefonisch erfolgen. Nach Auslaufen des Infektionsschutzgesetzes ist dies nicht mehr möglich.
Die Versichertenbefragung zur Pflegebegutachtung findet seit 2014 jährlich statt. Basis sind die vom GKV-Spitzenverband auf Grundlage des Sozialgesetzbuchs XI erlassenen Dienstleistungs-Richtlinien. Die Umsetzung erfolgt durch ein unabhängiges wissenschaftliches Institut. Zufällig ausgewählte Versicherte, die einen Antrag auf Leistungen der Pflegeversicherung gestellt haben, erhalten einen anonymisierten Fragebogen, mit dem sie die Pflegebegutachtung bewerten können. Die Fragebögen werden direkt an das unabhängige Institut zur Auswertung gesendet.