334 Gutachten zu vermuteten Behandlungsfehlern hat der Medizinische Dienst Sachsen-Anhalt im Jahr 2020 erstellt. Am häufigsten betroffen waren die Pflege (83 Fälle) sowie Orthopädie und Unfallchirurgie (82 Fälle).
Die Frage, ob ein Behandlungsfehler vorliegt und die Patientin oder der Patient einen Schaden erlitten hat, bejahte der Medizinische Dienst Sachsen-Anhalt in jedem fünften Gutachten (21,2 Prozent der Fälle) – das heißt 71 Mal. In 14,7 Prozent der Fälle stellten die Gutachterinnen und Gutachter fest, dass der Behandlungsfehler auch Ursache für einen Schaden war – dies trifft auf 49 Fälle zu. Die festgestellten Fehler betreffen die unterschiedlichsten Erkrankungen und die verschiedensten Behandlungen.
Die vermuteten Pflegefehler beziehen sich sowohl auf Pflegebehandlungen durch ambulante oder stationäre Pflegeeinrichtungen (54 Vorwürfe) als auch auf die Pflege im Rahmen von Krankenhausbehandlungen (61 Vorwürfe). In der Orthopädie und Unfallchirurgie gehen Vermutungen zu Behandlungsfehlern am häufigsten einher mit Hüft- und Kniegelenksoperationen (25 vermutete Fehler). „Ein Teil der vermuteten Behandlungsfehler ergibt sich dabei aus mangelnder Kommunikation bei den Aufklärungsgesprächen“, so Jens Hennicke, Vorstandsvorsitzender des Medizinischen Dienstes Sachsen-Anhalt. „Jede Operation birgt Risiken. Sind die Patientinnen und Patienten darüber nicht umfangreich aufgeklärt, haben Sie schnell den Verdacht, es sei etwas schiefgelaufen.“
Die Herausforderungen und Unsicherheiten der Corona-Pandemie haben sich auf die Behandlungsfehlerbegutachtung im Medizinischen Dienst Sachsen-Anhalt nicht direkt ausgewirkt. In nur einem Fall wurde im Jahr 2020 eine fehlerhafte Behandlung vermutet, weil im Anschluss an eine Operation eine Corona-Infektion aufgetreten ist. Ein kausaler Schaden konnte im Rahmen der Begutachtung nicht nachgewiesen werden.
Die Zahlen der Medizinischen Dienste zeigen nur den Ausschnitt an Behandlungsfehlervorwürfen mit denen sich Patientinnen und Patienten an ihre Krankenkassen wenden. Daher erlauben sie keine allgemeingültigen Rückschlüsse auf die Sicherheit in Krankenhäusern und Arztpraxen. Wie viele Behandlungsfehler tatsächlich auftreten, bleibt unbekannt. Im Interesse der Patientinnen und Patienten plädieren die Medizinischen Dienste seit Jahren für eine Sicherheitskultur, bei der Behandlungsfehler konsequent offengelegt, systematisch erfasst und ausgewertet werden. „Es geht dabei nicht um die Frage ‚Wer war das?‘, sondern um die Frage: ‚Wie können Fehler vermieden werden.‘“, macht Hennicke deutlich.
Grafik Gutachterliche Ergebnisse
Grafik nach Fachgebiet des Gutachtens
Hintergrund
Der Medizinische Dienst ist der sozialmedizinische Beratungs- und Begutachtungsdienst der gesetzlichen Kranken- und der Pflegeversicherung. Die Medizinischen Dienste können von den gesetzlichen Krankenkassen zur Begutachtung eines Behandlungsfehlervorwurfs beauftragt werden. Bundesweit haben die Medizinischen Dienste 14.042 Gutachten zu Behandlungsfehlervorwürfen erstellt. Erste Anlaufstelle für die Patientinnen und Patienten ist die Krankenkasse. Das Behandlungsfehlergutachten des Medizinischen Dienstes ist für gesetzlich versicherte Patientinnen und Patienten kostenfrei.