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Digitalgesetz geht nicht weit genug

Medizinischer Dienst Sachsen-Anhalt unzufrieden mit Regelungen zur Videobegutachtung in der Pflege

Das heute im Bundestag verabschiedete Gesetz zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens (DigiG) ermöglicht u. a. die Feststellung der Pflegebedürftigkeit per Videotelefonie als Alternative zum Telefoninterview. „Wir begrüßen die neue Möglichkeit als weiteren Schritt zur Flexibilisierung der Begutachtungsformate, auch wenn dieser zu klein ausgefallen ist“, sagt Jens Hennicke, Vorstandsvorsitzender des Medizinischen Dienstes Sachsen-Anhalt. Mit dem Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG) war die Feststellung der Pflegebedürftigkeit per Telefoninterview im ersten Schritt für gewisse Fallkonstellationen ermöglicht worden. Für genau diese limitierten Fälle soll laut DigiG nun auch die Videotelefonie zum Einsatz kommen.

Mit Blick auf demografischen Wandel und Fachkräftemangel sind alternative Begutachtungswege zunehmend von Bedeutung, um den Zugang zu Pflegeleistungen für die Menschen im Land weiterhin zeitnah sicherzustellen. „Hausbesuche oder persönliche Begutachtungen müssen nicht in jedem Fall das Mittel zur Wahl sein. In gewissen Fällen kann das Ausbleiben einer aufreibenden persönlichen Begutachtung für die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen sogar eine Erleichterung in einer ohnehin schweren Lage sein, etwa wenn Pflegebedürftige an langjährigen chronischen Erkrankungen, fortgeschrittenen Krebserkrankungen oder Demenz leiden. Eine besondere Bedeutung haben alternative Begutachtungsformen im Bereich der Palliativversorgung. „Grundsätzlich müssen wir bei steigenden Auftragszahlen und begrenzten Personalkapazitäten besonders in einem Flächenland wie Sachsen-Anhalt vorausdenken. Die Zukunft liegt bei Videobegutachtungen, die mehr als eine Alternative zum Telefoninterview sind“, erklärt Hennicke. Seiner Ansicht nach sollte die Pflegeexpertise der Fachkräfte in diesem Bereich noch mehr Wertschätzung erhalten. Wann der persönliche Besuch vor Ort besser ist und wann ein anderer Weg, könne kaum jemand besser abwägen als die Pflegeexperten. Ein solches Zutrauen in die Fachkompetenz würde auch die Attraktivität des Pflegeberufs weiter aufwerten und dem Fachkräftemangel entgegenwirken.

„Eine Begutachtung per Video flexibel einsetzen zu können, würde nicht nur den Pflegebedürftigen entgegenkommen, sondern genauso den Zu- und Angehörigen. Sie könnten sich, selbst wenn sie nicht direkt vor Ort sind, ganz unkompliziert zu dem Gespräch mit der Pflegegutachterin oder dem Pflegegutachter zuschalten“, so Hennicke.

 

Hintergrund:

 

Das Gesetz zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens (DigiG) soll Grundlage sein, um Ärztinnen und Ärzten sowie Patientinnen und Patienten den Behandlungsalltag mit digitalen Lösungen zu vereinfachen. Zentraler Bestandteil des Gesetzes ist dabei eine elektronische Patientenakte (ePA) für alle. Dies soll den Austausch und die Nutzung von Gesundheitsdaten vorantreiben und die Versorgung gezielt unterstützen. Zudem wird das E-Rezept als verbindlicher Standard eingerichtet.

 

Mit dem Pflegeunterstützungs- und Entlastungsgesetz (PUEG) wurde mit § 142a SGB XI eine Übergangsregelung für telefonische Begutachtungen getroffen. Am 18. November 2023 sind daraufhin die überarbeiteten Begutachtungsrichtlinien zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit in Kraft getreten. Sie ermöglichen in bestimmten Fallkonstellationen eine strukturierte telefonische Begutachtung als Alternative zum Hausbesuch – mehr dazu vom Medizinischen Dienst Bund:

https://www.medizinischerdienst.de/aktuelles-presse/meldungen/artikel/erster-schritt-zur-flexibilisierung-der-pflegebegutachtungsformate-umgesetzt

 

Jedes Jahr unterstützen die Pflegefachkräfte des Medizinischen Dienstes Sachsen-Anhalt die Soziale Pflegeversicherung mit über 100.000 pflegefachlichen Empfehlungen. Den größten Anteil daran haben die Pflegebegutachtungen. Allein im vergangenen Jahr 2022 erfolgte die Feststellung der Pflegebedürftigkeit für 95.273 Menschen in unserem Land. Das waren über 5.500 Menschen mehr als noch im Vorjahr. Die Pflegekassen beauftragen den Medizinischen Dienst, um zu prüfen, ob die Voraussetzung für eine Pflegebedürftigkeit vorliegen. Der Maßstab für die Begutachtung ist der Grad der Selbständigkeit. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie selbständig der Mensch seinen Alltag bewältigen kann.

 

 

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